Tanzen trotz(t) Demenz
Das Video mit einer an Demenz erkrankten betagten Ballerina, welche sich zu den Klängen von Tschaikowskis „Schwanensee“ im Rollstuhl sitzend bewegt, ging im Jahr 2020 über YouTube rund um die Welt1. Sie erkennt die Melodie: ihre Erinnerungen, ihr Körper, ihr Blick „erwachen“ regelrecht und sie beginnt mit Anmut und Grazie zu tanzen. Sie findet zu der Choreographie zurück, die sie vor vielen Jahrzehnten erlernt hat. Ein beeindruckendes und rührendes Beispiel, wie Musik auf Menschen mit Demenz wirkt.
Tanzen ist Bewegung zu Musik: ein Zusammenspiel von Bewegung, Rhythmusgefühl und Musik, bei dem das Gehirn besonders gefordert ist. Und nicht nur das: Tanzen verbessert die Aufmerksamkeit, Flexibilität, Gleichgewicht und Wachsamkeit. Das liegt daran, dass Bewegung neue Nervenzellen entstehen lässt. Allerdings ist es auch notwendig, diese Nervenzellen durch geistiges Training zu fordern, damit sie nicht wieder verkümmern. Im Tanzen kommt Bewegung und geistiges Training zusammen, da ja auch immer eine Schrittfolge zu beachten und abzurufen ist. Am besten gelingt das natürlich, wenn nicht nur altes Wissen abgerufen, sondern immer wieder neue Tanzschritte und Abfolgen einstudiert werden. Dann stellt Tanzen weitaus größere Anforderungen an das Gehirn, als simple Fitnessübungen mit repetitiven, automatisierten Bewegungen2.
Tanzen ist eine der angenehmsten Präventionsmöglichkeiten gegen Demenz…
Tanzen ist nicht nur eine anerkannte Therapieform u.a. bei anderen neurodegenerativen Krankheiten, sondern reduziert auch das Risiko an Demenz zu erkranken. Wer regelmäßig tanzt und dabei Neues erlernt, kann die potentielle Erkrankung an Demenz um Jahre herauszögern. Tanzen kann sogar Demenz im frühen Stadium verlangsamen und in späteren Demenzstadien positiv zum Verlauf beitragen3. Tanzen ist demnach eine schöne und spielerische Art, sein Denkvermögen zu schulen und das Gehirn fit zu halten.
… und fördert die Lebensqualität.
Die Freude an Bewegung und Musik und die Freude am gemeinsamen Tanzen beleben Körper, Seele und Geist. Dies ist im Sitzen, wie bei der betagten „Schwanensee“-Ballerina, ebenso erlebbar wie beim Tanz über den Tanzboden. Tanzen im Sitzen vereint Gedächtnistraining, Gymnastik, Sturzprophylaxe und Entspannung. Das Erlernen von Choreographien bringt das Gedächtnis in Schwung, und tänzerische Bewegungen trainieren Muskeln, Skelettsystem, Koordination und Kondition.
Anregende Musik unterstützt das Eintauchen in Bewegungen und Erinnerungen, und lässt dabei Einschränkungen in den Hintergrund treten. Eine Tanzstunde zeigt dabei sofort Wirkung: sie setzt bei vielen Menschen neue Energien frei – nicht nur körperlich, sondern auch im Kopf. Denn vor allem Menschen mit Demenz kommen durch Tanzen wieder in Kontakt mit ihrem eigenen Körper, ihren eigenen Emotionen, und können sich dadurch selber wieder verbessert wahrnehmen. Und selbst in einem späteren Stadium der Erkrankung ist es erstaunlich, wie selbst schwerstkranke Patienten es genießen, sich zur Musik zu bewegen.
Nicht nur für Menschen mit Demenz gilt: Tanzen ist die wohl bewegendste Form, seinen Gefühlen Freiheit zu schenken! Und seien wir ehrlich: es zählt nicht so sehr der richtige Takt, sondern das Gefühl für Musik, für den Tanz und den Moment. Und Freude und Spaß zu erleben.