Klärung mit der betroffenen Person
Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht stabilisieren sich kognitive Veränderungen bei Ihrem Angehörigen auf einem bestimmten Niveau, mit dem es sich gut leben lässt. Vielleicht schreiten sie voran, aber sehr langsam. Oder aber, seine Fähigkeiten nehmen in bestimmten Bereichen so weit ab, dass er einige oder viele wichtige Dinge nicht mehr selbständig überschauen und regeln kann. Deshalb macht es Sinn, frühzeitig für die Zukunft vorzusorgen.
Die wichtigste Form der Vorsorge besteht darin, dass Sie und Ihr Angehöriger oder Partner sich nicht verrückt machen, dass Sie ihr Leben im Jetzt leben und genießen, aber dass Sie gleichzeitig auch an mögliche Szenarien in der Zukunft denken und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Sprechen Sie frühzeitig mit Ihrem Angehörigen über seine Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche. Was ist ihm wichtig? Was erwartet er von Ihnen? Ist das für Sie erfüllbar? Was möchte er auf keinen Fall? Und umgekehrt: Was haben Sie für Erwartungen und Wünsche? Das schafft Sicherheit und kann manche Ängste nehmen.
Fast alle Menschen wünschen sich, auch bei Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit in der vertrauten Umgebung (Wohnung, Haus) wohnen bleiben zu können – möglichst ohne auf die Unterstützung anderer angewiesen zu sein. Das ist verständlich, aber oftmals nicht zu realisieren. Nutzen Sie und Ihr Angehöriger oder Partner die Chance, sich rechtzeitig, nämlich jetzt, mit den verschiedenen Varianten auseinanderzusetzen, die es mit Blick auf das Wohnen und eine mögliche Betreuung gibt. Falls es irgendwann nicht mehr gehen sollte, wie es jetzt geht, was wäre dann vorstellbar: Unterstützung durch eine Betreuungskraft, die bei Ihnen wohnt? Einzug Ihres Partners in eine Wohngemeinschaft Gleichbetroffener? Leben in einem Heim? Informieren Sie sich über die verschiedenen Möglichkeiten und Angebote und schauen Sie sich diese ruhig einmal mit Ihrem Partner unverbindlich an. Vielleicht wird all dies niemals benötigt werden, falls aber doch, sind Sie beide gut vorbereitet. Informationen zu den Pflegeeinrichtungen in Luxemburg finden Sie in der Rubrik „Dienstleistungen“.
Vertrauensperson („personne de confiance“) und Patientenverfügung
Informationen zu den Themen:
- Vertrauensperson („personne de confiance”)
- Vorraussschauende Betreuungsplanung („Advance care planning”)
- Patientenverfügung und Bestimmungen zum Lebensende
finden Sie im Kapitel „Für die Zukunft vorsorgen“
Finanzielle und rechtliche Angelegenheiten
Finanzielles
Die finanziellen Angelegenheiten regeln kann manchmal ganz schön anstrengend sein. Zahlungen gehen schnell einmal vergessen, die Steuererklärung bleibt liegen, der Überblick über den Kontostand geht verloren. Wenn der betroffenen Person Dergleichen Schwierigkeiten bereitet, sollten am besten die finanziellen Angelegenheiten möglichst früh geregelt werden, um solchen Problemen nicht zu begegnen:
- Bankvollmachten sollten auf eine Person des Vertrauens übertragen werden.
- Vereinfachen Sie die Zahlungen mit monatlichen Zahlungsaufträgen oder Lastschriftverfahren.
- Für komplizierte Aufgaben wie beispielsweise die Steuererklärung sollte Unterstützung in Anspruch genommen werden.
- Die betroffene Person kann auch einen Antrag auf Pflegschaft (Curatelle) oder Vormundschaft (Tutelle) beim Vormundschaftsgericht einreichen. Wenn sie selbst frühzeitig diesen Antrag stellt, hat sie natürlich ein Mitspracherecht, welche Person künftig für sie als Vormund (Tuteur) handeln soll.
Testament
In einem Testament bestimmt die Person, was nach ihrem Tode mit ihrem Geldvermögen, ihren Immobilien usw. geschehen soll. Es muss mit Datum versehen und eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Wenn man sicher gehen möchte, besonders wenn eine Demenz-Diagnose vorliegt, sollte das bei einem Notar erledigt werden. Dann kann das Testament später nicht angefochten werden.
Die Urteilsfähigkeit – eine komplexe Sache
Ob eine Person urteilsfähig ist, ist immer in Bezug auf eine bestimmte Situation zu beurteilen. Gerade bei Menschen mit Demenz muss dies sorgfältig geprüft werden, denn eine Demenzdiagnose bedeutet keinesfalls den sofortigen Verlust der Urteilsfähigkeit. Dieselbe Person kann etwa für alltägliche Einkäufe noch urteilsfähig sein, nicht aber für den Verkauf eines Hauses. Ähnlich ist es bei medizinischen Fragen: Für den Entscheid zur Grippeimpfung mag die Person mit Demenz noch urteilsfähig sein, jedoch nicht für eine schwierige risikoreiche Operation.
Um die Urteilsfähigkeit zu beurteilen, müssen zwei Fragen beantwortet werden:
- Willensbildungsfähigkeit: Kann die Person eine bestimmte Situation verstehen, Nutzen und Wirkungen eines bestimmten Handelns abwägen, um sich dann für etwas zu entscheiden?
- Willensumsetzungsfähigkeit: Kann die Person den so gebildeten Willen auch frei und unbeeinflusst umsetzen?
Die Aufgabe, über die Urteilsfähigkeit von Demenzerkrankten zu entscheiden, ist immer schwierig. Denn letztlich stehen sich immer Selbstbestimmungsrecht und Schutz der betroffenen Person gegenüber.
Gerichtliche Schutzmaßnahmen: Gerichtliche Pflegeschaft / Vormundschaft / Rechtsbeistandschaft
Das luxemburgische Recht kennt drei Schutzregelungen für volljährige Personen. Für die Betroffenen und das Umfeld der zu schützenden Personen sind diese Regelungen sowohl ein Schutz vor böswilligen Drittpersonen als auch ein Instrument angesichts der administrativen und finanziellen Anforderungen.
Die drei Schutzregelungen sind:
- Gerichtliche Pflegeschaft: Sie ist in der Regel zeitlich begrenzt und dient häufig als Übergangsregelung bis zur Einrichtung einer Rechtsbeistandschaft oder einer Vormundschaft;
- Rechtsbeistandschaft: Sie gilt für Personen, deren geistige Fähigkeiten so stark beeinträchtigt sind, dass sie bei den Handlungen des bürgerlichen Lebens die Unterstützung eines Beistands benötigen;
- Vormundschaft: Sie gilt für Personen, die sich nicht mehr äußern können und daher von einem Vormund vertreten werden müssen.
Schutzanträge sind je nach Wohnort der zu schützenden Person an folgende Adresse zu richten:
Tribunal de la Jeunesse et des Tutelles
Cabinet du juge des Tutelles
Cité Judiciaire
L- 2080 Luxembourg
Greffe, tél : 475981-294
Tribunal d’Arrondissement de et à Diekirch
Cabinet du juge des Tutelles
B.P. 164
L- 9202 Diekirch
Greffe, tél : 803214-75
Der Vormundschaftsrichter wird entscheiden, ob eine Schutzregelung erforderlich ist oder nicht. Und er ist es auch, der gegebenenfalls entscheidet, welche Regelung eingeführt wird.
Die Anträge auf Schutz können von der Person selbst, einem Angehörigen, einem Arzt, einem Krankenhaus, einem Pflegeheim oder einem Altenheim gestellt werden. Bevor der Vormundschaftsrichter eine Schutzregelung anordnen kann, muss er unbedingt über ein Attest eines Facharztes (Neurologe / Psychiater / Neuropsychiater / Geriater oder Internist) verfügen. Es gibt zahlreiche Krankheiten, die die Anordnung einer Schutzregelung erforderlich machen können: Demenz, Psychosen, geistige Behinderungen, körperliche Behinderungen usw. Der Vormundschaftsrichter führt eine Anhörung der betroffenen Person durch und kann ggf. eine soziale Untersuchung anordnen, die vom Zentralen Dienst für Sozialhilfe (SCAS) durchgeführt wird.
Der Richter gibt in der Regel einem Familienmitglied den Vorzug, das Amt des Beistands oder Vormunds auszuüben. Wenn keine Person verfügbar oder zuverlässig ist, kann der Richter einen unabhängigen Dritten ernennen, z. B. einen Rechtsanwalt oder eine spezialisierte Vereinigung.
Wenn Sie Fragen zu gerichtlichen Schutzmaßnahmen haben, können Sie sich an das Info-Zenter Demenz, an die oben genannten Gerichte oder an eine Vereinigung wenden, die gerichtliche Schutzmaßnahmen verwalten kann:
T.A.C.S. asbl − Tutelle an Curatelle Service
74, Mühlenweg
L-2155 Luxembourg
Tél : +352 26 19 00 06
Email : tacs@tacs.lu
SAT asbl − Service d’Accompagnement Tutélaire
121, av. Lucien Salentiny
L-9080 Ettelbruck
Tél: +352 26 81 17 24
Email : satasbl@pt.lu
Horizon asbl
7, rue du Village
L-7471 Saeul
Tél : +352 26 61 38 00
Email : horizon@horizon-asbl.lu
Weitere Informationen und ein Beispiel für einen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Vormundschaft/Rechtsbeistandschaft finden Sie auf der Webseite des Justizministeriums: www.justice.public.lu
Im Rahmen einer Ehe kann ein Ehepartner durch ein gerichtliches Urteil ermächtigt werden, seinen Ehepartner zu vertreten, wenn dieser unfähig ist und seinen Willen nicht äußern kann oder sich weigert, eine Handlung vorzunehmen, die gegen die Interessen der Familie verstößt.
Die Genehmigung zur Vertretung kann sich auf zwei Aspekte beziehen:
- Ermächtigung zur Vertretung des Ehepartners beim Abschluss einer bestimmten und isolierten Handlung, die die Mitwirkung des anderen erfordert, z. B. bei einer Verfügungshandlung wie dem Verkauf eines Autos oder einer Immobilie ;
- Genehmigung zur allgemeinen Vertretung des Ehepartners bei der Ausübung der Befugnisse, die sich aus dem Güterstand ergeben, sowie zur Vertretung bei der Ausübung der Befugnisse des Ehepartners, beispielsweise im Rahmen der gängigen Güterverwaltung des Paares (Bankkonten, Rechnungen, …) (Art.1426/1429 des Zivilgesetzbuches).
In der Umgangssprache wird diese Vertretung oft als „kleine Vormundschaft“ bezeichnet. Die Anfragen sind per Antrag bei der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts einzureichen. Sie wird vom Familienrichter bearbeitet. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ist nicht zwingend erforderlich.
Die Anträge sind je nach Wohnort zu richten an:
Tribunal d’arrondissement de Luxembourg
Juge aux Affaires Familiales
Bâtiment BC – Cité Judiciaire
Plateau du St-Esprit
L-2080 Luxembourg
Greffe, tél : (+352) 475981 – 2231
Tribunal d’arrondissement de Diekirch
Juge aux Affaires Familiales
Palais de Justice – Place Guillaume
B.P. 164
L- 9237 Diekirch
Greffe, tél : (+352) 803214 – 22 / – 49
Wichtig
Es handelt sich hier nicht um eine Schutzregelung und die Ehegattenvertretung bietet daher keinen Schutz vor böswilligen Dritten.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Justizministeriums: www.justice.public.lu