Plötzlich ist es soweit: Sie bemerken an sich oder an einer Ihnen nahestehenden Person Ungewohntes. Immer öfters wird etwas vergessen, der Weg nicht mehr auf Anhieb gefunden oder es fällt schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Dann steht fast immer sofort ein Gedanke im Raum: Habe ich etwa eine Demenz?
Schon der Gedanke daran ist äußerst unangenehm. Denn das Wort Demenz verbinden die meisten Menschen automatisch mit sehr negativen Vorstellungen. Deshalb vorweg die positive Nachricht: Viele Menschen, die Probleme mit dem Gedächtnis und der Orientierung oder eine Demenzdiagnose haben, leben ein aktives und glückliches Leben. Ein gutes Leben mit kognitiven Einschränkungen ist möglich: für die direkt Betroffenen sowie für ihre Angehörigen. Mit den folgenden Informationen wollen wir Ihnen Mut machen und aufzeigen, was Sie tun können, um Ihr Leben und Ihren Alltag auch mit solchen Einschränkungen gut zu gestalten.
Wir Menschen verfügen über sogenannte „kognitive Fähigkeiten“, dazu zählen beispielsweise das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Orientierung oder die Sprache. Diese Fähigkeiten verändern sich im Lauf des Lebens kontinuierlich. Mit zunehmendem Alter ist es normal, dass bestimmte Fähigkeiten abnehmen. Manchmal kann es aber auch zu sehr stark ausgeprägten Abbauprozessen kommen. Dann stellt sich die Frage, ob man es mit einer sogenannten Demenzerkrankung zu tun hat.
Demenz wird als Oberbegriff für mehr als fünfzig verschiedene Krankheiten verwendet, welche die Funktion des Gehirns beeinträchtigen. Dadurch sind betroffene Personen in unterschiedlichem Umfang in ihren Aktivitäten des täglichen Lebens und/oder des Berufs eingeschränkt und auf Unterstützung angewiesen. Doch ebenso wie bei anderen Krankheiten ist auch hier grundsätzlich ein gutes und weitgehend selbstbestimmtes Leben möglich.
Demenz ist kein charmanter Begriff, denn er bedeutet „ohne Geist“. Viele betroffene Menschen lehnen ihn deshalb als unzutreffend und stigmatisierend ab und sprechen lieber von Vergesslichkeit oder kognitiver Behinderung. Auch im amerikanischen Psychiatrie-Klassifikationssystem DSM, das international vor allem in der Wissenschaft, in Kliniken und Institutionen gebräuchlich ist, wurde der klassische Begriff „Demenz“ zugunsten der Kategorie schwere „neurokognitive Störung“ aufgegeben. Eine Rolle spielte neben fachlichen Gründen auch die stigmatisierende Wirkung des Begriffs Demenz. Sie können selbst entscheiden, ob Ihnen das Wort Demenz zusagt oder Sie passendere Bezeichnungen vorziehen.
Auf dieser Webseite verwenden wir unterschiedliche Begriffe zur Bezeichnung der Situation und der Einschränkungen, mit denen betroffene Menschen leben. „Demenz“ ist nach wie vor ein weit verbreiteter Begriff. Daher knüpfen wir im Text an ihn an, obwohl es gute Gründe gibt, ihn in Frage zu stellen: insbesondere seine stigmatisierende und oft angsterzeugende Wirkung sowie seine Diffusität (er umfasst zu viele nicht zu vergleichende Zustände).
„Neurokognitive Störungen“ ist der offizielle Begriff im amerikanischen Psychiatrie-Klassifikationssystem DSM, der dort den Oberbegriff Demenz abgelöst hat. Weil er kompliziert klingt, verwenden wir ihn überwiegend in einer abgewandelten Form: „kognitive Beeinträchtigung“ oder „kognitive Veränderung“.
Eine weitere Variante ist „Vergesslichkeit“. Kritisch kann man sehen, dass er nur ein Merkmal kognitiver Einschränkungen (die nachlassende Gedächtnisfunktionen) benennt. Allerdings wird dieser Begriff oftmals von betroffenen Menschen selbst gewählt und öffnet Türen zu ihnen.
Einige Demenzformen – man nennt sie sekundäre Demenzen – sind reversibel: Sie sind durch eine geeignete Behandlung teilweise oder ganz heilbar. Dies ist der Fall etwa bei einer Demenz aufgrund einer Stoffwechselkrankheit wie beispielsweise einer Schilddrüsenunterfunktion oder einem Vitamin-B12-Mangel.
Die meisten Formen von Demenz (primäre Demenzen) sind allerdings nicht heilbar. Jedoch ist ihr Verlauf beeinflussbar. Eine wichtige Rolle spielen dabei soziale Faktoren (soziale Kontakte, Eingebundensein, Erleben von Sinn, wertschätzender Umgang, Selbstbestimmung, Aktivität …). Bei manchen Betroffenen können passende Therapien helfen, die Symptome zu mildern und die Selbständigkeit so gut wie möglich zu erhalten.
Nein. Demenz ist der Oberbegriff für mehr als 50 verschiedene Krankheiten. Die Alzheimer-Krankheit gilt dabei als die häufigste Ursache für eine Demenz. Alzheimer-Demenzen machen ungefähr 60-70 % aller Demenzen aus.
Neben Alzheimer-Demenzen sind vaskuläre (gefäßbedingte) Demenzen, die Lewy-Körperchen-Krankheit, die Demenz bei Morbus Parkinson sowie die Frontotemporale Demenz am häufigsten. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Ursachen für eine Demenz, die insgesamt jedoch seltener sind. Dazu gehören neurologische Erkrankungen wie die Chronische Traumatische Enzephalopathie oder die Creutzfeld-Jakob Krankheit.
Auch Stoffwechselerkrankungen, Infektionen des Gehirns, Medikamente, Vitaminmangel oder Schädel-Hirn-Verletzungen – zum Beispiel nach einem Sturz – können Demenzsymptome hervorrufen und zu einer entsprechenden Diagnose führen.
Ganz gleich, was die Ursachen für die neurokognitiven Störungen sind: es gibt nicht den Verlauf. Viele Menschen leben jahre- und jahrzehntelang mit recht moderaten Beeinträchtigungen und stehen aktiv im Leben. Bei anderen kommt es zu schnell fortschreitenden Abbauprozessen, die stationäre Betreuung notwendig machen. Kurzum: Eine Diagnose besagt erst einmal nichts darüber, wie sich das Leben der konkreten Person und ihrer sozialen Bezugspersonen weiterentwickeln wird.
Jeder Mensch ist ab und zu vergesslich. Es besteht kein Grund zur Sorge, wenn Sie ab und zu die Schlüssel verlegt haben oder unsicher sind, ob Sie die Haustür abgeschlossen haben. Vergesslichkeit ist zwar eines der bekanntesten Anzeichen von Demenz, tritt jedoch meist nicht als alleiniges Anzeichen auf.
Wenn die Vergesslichkeit bei Ihnen allerdings immer häufiger vorkommt und in verschiedenen Alltagsbereichen auftritt, oder wenn andere Anzeichen hinzukommen, ist es ratsam sich eine Abklärung beim Hausarzt oder Neurologen einzuholen.
Es gibt bestimmte Phänomene, die Hinweise auf eine mögliche Demenz sein können.
Diese Symptome werden in der Regel nicht alle auftreten. Meistens hat man es mit einzelnen von ihnen in unterschiedlichen Konstellationen zu tun. Auch ihre Intensität ist höchst unterschiedlich. Bei jeder betroffenen Person ergibt sich also ein ganz individuelles Bild.
Hier die wichtigsten (möglichen) Symptome:
Wenn Sie bei sich selber mögliche Anzeichen einer Demenz beobachten, ist es ratsam diese Symptome bei Ihrem Hausarzt, Geriater und/oder einem Neurologen abklären zu lassen. Auch wenn solche Anzeichen bei einer Ihnen vertrauten Person auftauchen, sollten Sie möglichst nicht bagatellisieren („Das ist doch normal.“) und die Person für eine ärztliche Untersuchung motivieren.
Vielleicht sind die Anzeichen nämlich Symptome einer eventuell heilbaren Erkrankung. Stress, Burnout, Mangelerscheinungen (z. B. Vitamine, Flüssigkeit), ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Stoffwechselkrankheit können mögliche Ursachen für solche Anzeichen sein. Dann wären sie prinzipiell auch behandelbar und im besten Fall rückgängig zu machen. Auch eine Depression und eine Demenz im Anfangsstadium sind manchmal schwer zu unterscheiden: Beide können zu Gedächtnisstörungen führen, den Antrieb und die Entscheidungsfähigkeit vermindern, zu Fehlwahrnehmungen und zu sozialem Rückzug führen.
Viele betroffene Menschen wünschen keine Diagnose und wollen auf keinen Fall mit dem stigmatisierenden Begriff Demenz belegt werden. Das ist ihr gutes Recht! Gleichwohl ist eine medizinische Abklärung ratsam, um zu prüfen, ob gegebenenfalls eine reversible Ursache für die beobachteten Symptome vorliegt und behandelt werden kann.
Wenn Sie bei einer Ihnen nahestehenden Person den Verdacht haben, dass Ihre Gedächtnis-leistung abgenommen hat, können Sie folgenden wissenschaftlich abgesicherten Online-Fragebogen von DigiDEM Bayern für eine erste Einschätzung benutzen: www.digidem-bayern.de (verfügbar auf Deutsch, Englisch, Russisch, Türkisch, Arabisch)
Sollten Sie sich dafür entscheiden, einen diagnostischen Prozess zu durchlaufen, und sollte an dessen Ende die Diagnose „Demenz“ lauten, werden Sie sicherlich erst einmal geschockt sein. Doch bedenken Sie, dass dieses Wort erst einmal gar nicht viel über Ihre Situation aussagt. Eben weil Demenz nur ein ganz allgemeiner Oberbegriff für eine Vielzahl von Ausprägungen und Verläufen kognitiver Veränderungen ist. Vielleicht ist Ihre Diagnose aber spezieller und lautet beispielsweise Alzheimerdemenz oder Lewy-Body-Demenz. Doch auch hier gilt die Aussage, dass sich hinter einem Begriff – zum Beispiel Alzheimer – tausende unterschiedliche Situationen verbergen. „Kennst du einen Alzheimerbetroffenen, dann kennst du einen Betroffenen“, hat es der selbst mit dieser Diagnose lebende Richard Taylor einmal auf den Punkt gebracht.
Für manche Menschen geht die Demenzdiagnose mit einer großen Erleichterung einher. Über längere Zeit machten sich vielleicht ungewöhnliche Veränderungen bemerkbar. Die Diagnose benennt nun scheinbar das, was sie eventuell schon länger vermutet haben und gibt den aufgetauchten Veränderungen einen Namen.
Andere verwehren sich selbstbewusst gegen die Zuschreibung eines für sie stigmatisierenden und pauschalisierenden Begriffs wie Demenz. Für beide Gruppen wird es jetzt aber darum gehen, sich ihre ganz konkrete Situation anzuschauen und gemeinsam mit nahestehenden Personen zu überlegen, wie es nun weitergehen kann.
Auf unserer Webseite haben wir wichtige Informationen für das Leben mit kognitiven Einschränkungen bereitgestellt, getrennt nach den Zielgruppen „direkt Betroffene“ sowie „An- und Zugehörige“, da wir beiden Perspektiven gerecht werden möchten. Natürlich gibt es sehr viele Informationen, die für alle Beteiligten von Wert sind. Und: Angehörigen würden wir ans Herz legen, auch einmal in der Rubrik zu stöbern, die sich an die direkt betroffenen Personen wendet. Und umgekehrt auch!
Sofern neurokognitiven Veränderungen Ursachen wie zum Beispiel eine Stoffwechselerkrankung oder ein Vitamin B-12-Mangel zugrunde liegen, kann man medikamentös dagegen vorgehen. Bei sogenannten primären Demenzen sind die medikamentösen Möglichkeiten jedoch äußerst beschränkt. Hier können Antidementiva eingesetzt werden (verschiedene Cholinesterase-Hemmer oder der Glutamat-Antagonist Memantin). Antidementiva wirken jedoch nicht bei allen Demenzformen, sie wirken nur für einen begrenzten Zeitraum zu Beginn des Prozesses und sie wirken nur bei rund einem Drittel der betroffenen Personen. Darüber kann Ihr Arzt Sie am besten informieren und vielleicht wird er Ihnen zu einem Versuch mit Antidementiva raten.
Um gezielt bestimmte körperliche oder kognitive Fähigkeiten zu trainieren, können spezielle nichtmedikamentöse Therapien wie z. B. Physiotherapie, Gedächtnistraining und Logopädie in Anspruch genommen werden. Lesen Sie mehr unter „Auf die Gesundheit achten“.
Von größerer Bedeutung als Medikamente sind für Sie daher nun andere Dinge. Hier sind die wichtigsten:
In den Rubriken „Betroffene“, „An- und Zugehörige“ finden Sie ausführlichere Informationen zu diesen Themen.
Wenn ein Mensch an Demenz erkrankt, betrifft dies meist die gesamte Familie − auch Kinder und Jugendliche, die ein enges Verhältnis zu der betroffenen Person haben.
Damit Kinder spielerisch etwas über das Krankheitsbild Demenz erfahren können, hat eine Arbeitsgruppe der TU München das interaktive Online-Spiel „Was hat Oma“ entwickelt. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft hat das Projekt unterstützt und stellt das Spiel kostenlos zur Verfügung. Hier gehts zum Online-Spiel
Eine Internetseite für Kinder auf Französisch bietet die Fondation Vaincre Alzheimer: www.alzjunior.org. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Büchern zum Thema Demenz speziell für Kinder. In der Bibliothek des Info-Zenter Demenz können Sie gerne solche Bücher ausleihen.
Auf der Jugendseite Alzheimer & You der deutschen Alzheimer Gesellschaft www.alzheimerandyou.de können Jugendliche erfahren, was Demenz ist und wie sie sich für Betroffene engagieren können.
Das Projekt „Alzheimer4teachers“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft richtet sich an Pädagoginnen und Pädagogen, die im Unterricht Kindern und Jugendlichen das Thema Demenz näherbringen wollen. Gut aufgearbeitetes und erprobtes Unterrichtsmaterial erleichtert den Einstieg in das Thema. Kinder und Jugendliche lernen, was es bedeutet, älter zu werden. Sie lernen, dass Demenz eine Krankheit ist und sie entwickeln Verständnis für Menschen mit Demenz.
Das Info-Zenter wird ab September 2023 ein Pilotprojekt für luxemburgische Grundschulen anbieten. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an uns (info@demenz.lu).
Vielleicht ist Ihnen auch schon einmal ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin aufgefallen, weil er oder sie ihre Aufgaben nicht mehr wie gewohnt erledigen konnte und sich zunehmend Fehler eingeschlichen haben. Offensichtlich haben bestimmte kognitive Kompetenzen (Gedächtnis, Auffassungsgabe, Konzentration o.A.) abgenommen. Eventuell hat der Mitarbeiter eine Demenzdiagnose erhalten. Eine solche spezielle Situation bei einem Ihrer Angestellten erfordert von Arbeitgeberseite nicht nur hohe Flexibilität, sondern auch ein besonderes Verständnis für den betroffenen Menschen. Gerne können Sie sich an das Info-Zenter Demenz wenden. Wir können Sie z. B. bei der Anpassung der Weiterbeschäftigung Ihres an Demenz erkrankten Arbeitnehmers beraten, Ihr Team im Umgang mit der erkrankten Person beraten, eine Präsentation für Mitarbeiter mit fachlichen Informationen über neurokognitive Störungen und Demenz und den Umgang mit daran erkrankten Personen bei Ihnen vor Ort organisieren. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an uns (info@demenz.lu).
Haben Angestellte im Alter zwischen 40 und 65 Jahren zunehmend Probleme bei der Erledigung von Aufgaben, vergessen sie Termine oder haben sie Schwierigkeiten, ihre Anliegen zu formulieren, kann dies eventuell auf eine Demenzerkrankung zurückzuführen sein.
Eine Demenzerkrankung bedeutet gerade am Anfang nicht den Verlust sämtlicher Fähigkeiten. Es kann durchaus sein, dass die berufstätige Person eine andere Aufgabe weiterhin selbstständig ausführen kann. Demenzkranke Mitarbeitende sollten daher in einer angepassten Form weiterhin berufstätig bleiben können, solange ihr Gesundheitszustand dies zulässt.
Besprechen Sie als Vorgesetzter oder für den Personalbereich zuständige Fachperson mit der betroffenen Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer in einer ruhigen Atmosphäre und ohne Zeitdruck die Problembereiche am jetzigen Arbeitsplatz.
Nicht jeder Arbeitgeber wird konkret mit der Situation eines demenzerkrankten Mitarbeiters konfrontiert sein. Es sollte aber für jedes Unternehmen ein Ziel sein, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem das Thema Demenz kein Tabu ist, (auch) Betroffene sich respektiert fühlen und die Möglichkeit haben, im Betrieb zu partizipieren. Gibt es in Ihrem persönlichen Umfeld oder im Unternehmen einen an Demenz erkrankten Menschen, kann dies Anlass sein, das Thema Demenz am Arbeitsplatz aufzugreifen und innerhalb des Betriebs bekanntzumachen. Das Info-Zenter Demenz steht Ihnen für fachliche Informationen über Demenz und den Umgang mit an Demenz erkrankten Personen gerne zur Verfügung. Weitere Informationen zu diesem Thema für Betroffene finden Sie in dem Kapitel „Beruf und Arbeitsplatz“.