Die heilende Kraft der Natur für Menschen mit Demenz
Ein Artikel von Christine Dahm-Mathonet, Direktionsbeauftragte des Info-Zenter Demenz
Demenz ist eine neurodegenerative Krankheit mit vielen Herausforderungen – für Betroffene ebenso wie für ihre Angehörigen. Doch mitten in dieser oft schwierigen Zeit gibt es Orte der Ruhe, der Geborgenheit und der Freude: die Natur.
Green dementia care nutzt die heilsame Kraft der natürlichen Umgebung und Pflanzen, um Menschen mit Demenz ein Gefühl von Wohlbefinden und Glück zu schenken.
Was ist Green dementia care?
Der Begriff Green dementia care fasst alle Interventionen zusammen, die die positive Wirkung der Natur, von Tieren und Pflanzen nutzen, um Menschen mit Demenz zu unterstützen. Dabei geht es konkret um therapeutische und pädagogische Maßnahmen, welche die körperliche und seelische Gesundheit fördern und die persönliche Entwicklung unterstützen. Bekannte Beispiele sind etwa Gartentherapie oder tiergestützte Interventionen. Therapeutisches Ziel kann beispielsweise die Förderung der Feinmotorik sein, Erlebnisaktivierung oder die Stärkung der Fähigkeit, in Alltagssituationen zu bestehen. Insbesondere in Bezug auf demenziell erkrankte Menschen kann ein therapeutisches Ziel das Erleben eigener körperlicher, geistiger und psychischer Fähigkeiten sein, welches Angst reduzieren und das Empfinden von Selbstwirksamkeit steigern kann. Selbst in Fällen schwerer Demenz soll mithilfe dieser Maßnahmen zumindest der gegenwärtige Zustand möglichst lange aufrechterhalten werden. Green dementia care kann überall − in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, daheim, auf dem Balkon oder im Wald – angeboten werden.
Was ist Green dementia care nicht?
Nicht jede Aktivität in der Natur oder mit Tieren wird zu Green dementia care gezählt. Tatsächlich bedarf es eines konkreten und speziell entwickelten Programms mit vordefinierten Zielsetzungen, deren Erreichung auch dokumentiert und evaluiert wird. Green dementia care Initiativen sind auch kein Ersatz für andere medizinische, soziale oder pädagogische Konzepte, und ganz sicherlich kein Allheilmittel.
Ein neuer Weg der Fürsorge
Mit der Natur gegen das Vergessen: Zahlreiche Beispiele zeigen, dass Naturerfahrungen nicht nur Erinnerungen wecken können, sondern den kognitiven Verfall verlangsamen, Stress reduzieren und Aggressionen sowie Unruhe lindern können. Viele Betroffene fühlen sich in der Natur ruhiger, ausgeglichener und wieder mit der Welt verbunden.
Der Garten als Therapie
Immer mehr Pflegeeinrichtungen erkennen, wie wichtig der Kontakt zur Natur für Menschen mit Demenz ist. Waldspaziergänge, Gärten mit Hochbeeten und plätschernden Wasserelementen oder einfach Sitzgelegenheiten im Grünen bieten eine beruhigende Umgebung und machen einen großen Unterschied im Leben der Bewohner. Diese Umgebungen regen nicht nur die Sinne an, sondern wecken auch Erinnerungen: Der Duft von Rosen erinnert an den eigenen Garten von früher; das Pflücken eines Apfels bringt Kindheitserinnerungen zurück und das Gefühl von Erde zwischen den Fingern beruhigt. Diese kleinen Momente haben eine große Wirkung: Menschen, die sich oft verloren fühlen, erleben wieder ein Gefühl der Zugehörigkeit und Identität. Auch Angehörige bemerken, dass die betroffenen Personen aufblühen, mehr lächeln und aktiver am Leben teilnehmen. Denn die Verbindung zur Natur schenkt ihnen ein Gefühl von Geborgenheit – und das spüren auch ihre Familien. Auch daheim können Angehörige grüne Demenzpflege in den Alltag integrieren: Regelmäßige Spaziergänge im Park oder Wald, ein kleiner Balkon- oder Kräutergarten, das Lauschen von Vogelgezwitscher oder Meeresrauschen, das Riechen von Heu wecken Erinnerungen und wirken entspannend.
Wie Menschen aufblühen
Eine Demenz mag das Gedächtnis rauben, aber sie kann nicht das Gefühl von Glück, Verbundenheit und Liebe nehmen. Die Natur bietet einen verlässlichen Ort des Trostes und der Geborgenheit – ein Zuhause für die Seele, wenn Worte und Gedanken verloren gehen.
Naturveranstaltungen für Menschen mit Vergesslichkeit und deren Begleiter/Betreuer: Im Rahmen der LUGA, welche von Mai bis Oktober 2025 stattfinden wird, bietet das Info-Zenter Demenz eine Reihe von Naturveranstaltungen für Menschen mit Demenz und deren Angehörige/Begleiter an. Die Teilnahme an den Workshops und Spaziergängen ist kostenlos, aber nur mit Voranmeldung möglich. Alle Veranstaltungen sind für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet.
Für weitere Einzelheiten sowie Anmeldungen: www.demenz.lu/de/actualites/luga/
Dieser Artikel erscheint im Luxemburger Wort in der Serie „Demenz & Natur“. Weitere Artikel zum Thema werden am 19. April und 26. April erscheinen.
Titelbild: Ulrike Kreuer